Kuala Lumpur, 15. Januar 2004
Nach drei Monaten mal mehr, mal weniger geduldigen Wartens, Hoffens, Telefonierens, Schimpfens und wieder Wartens haben wir nach drei Monaten, schon fast überraschend, unser Auto doch noch bekommen.
Die zwei wichtigsten Erkenntnisse: 1. Es ist sehr blau. 2. Es fährt.
Eigentlich sollte das Auto ja keine so wichtige Rolle in unserem Leben in Kuala Lumpur einnehmen, denn man kann hier auch ganz gut ohne zurechtkommen. Aber ein Auto, das bestellt ist und dann einfach nicht kommt, kann auch nicht mehr ignoriert werden.
Die Chronik unseres Autokaufs in Malaysia könnt ihr weiter unten lesen.
Für diejenigen, die es interessiert, hier ein paar Infos über das Auto: Firma: Proton, eine malayische Marke und ein Mitsubishi Joint-Venture Type: Wira CE Aeroback ( Fließheck) Motor: 1500ccm, 62kW, 3-Gang Automatik
Das Auto ist das meistgefahrene in Kuala Lumpur, weil es billiger als ausländische Marken ist. Es ist nicht sehr prestigeträchtig, also das richtige Auto für uns. |
Dreißig Jahre Autogeschichte - auch für uns. Welches ist schöner?
Aber Dagmar ist mit dem Blau zufrieden. Dabei haben wir bis zum Schluss gerätselt, wie die Farbe nun aussieht. Im Kaufvertrag steht "Electric Blue". Darunter konnten wir uns nicht viel vorstellen und der Händler konnte uns auch kein Farbmuster zeigen.
Zum Glück ist die Farbe ziemlich selten. Das ist wichtig, wenn man das Auto auf einem Parkplatz wiederfinden will. Denn, wie gesagt, Proton Wira gibt es wie Sand am Meer, oder besser, wie Blech auf der Strasse. |
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Drin sitzen kann man auch. 1. Klimaanlage (sehr wichtig!) 2. Zentralverriegelung mit Fernbedienung (schick) 3. Alarmanlage (beunruhigend) 4. Cassettenradio (nett) 5. Elektrische Fensterheber (wichtig an den Zahlstellen) Dann hat es als besonderes Extra noch Automatik. Dieses Sondermodell gab es nur mit 3-Gang-Automatik und war zudem billiger als das Standardmodell, also warum nicht. Unsere erste Erfahrung: ziemlich lahm, aber angenehm im Stau (was der Alltag diese Autos sein wird). Und für die 110km/h Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen wird es noch reichen. |
(Die Geschichte ist etwas länger, aber das war sie ja auch in Wirklichkeit. Also bitte Geduld beim Lesen!)
September 2003 |
EntscheidungsfindungDie erste Entscheidung in Kuala Lumpur ist: Auto oder kein Auto. Man kann auch gut ohne Auto leben. Billige Taxis und der öffentliche Nahverkehr machen es möglich. Aber die Stadt ist eigentlich nur für Autos geplant und deshalb kann man ohne Auto auch vieles nicht oder nur schwer erreichen. Und zu vielen Orten kommt man zwar mit einem Taxi hin, aber nie mehr von dort zurück. Auch das Einkaufen ist auf die Dauer recht mühsam. Wir wollen also ein Auto haben.
Wir hören und sehen uns um, was für Autos es hier so gibt und sinnvoll sind. Es sollte diesmal ein Neuwagen sein, denn der Gebrauchtwagenkauf in Malaysia ist eine riskante Sache und zum anderen bekommen wir wegen Karls Status die Steuer oder den Zoll auf das Auto erlassen. Die Auswahlkriterien waren dann ziemlich einfach: - es sollte ein gängiges Auto sein - es sollte nicht zu teuer sein
Da fiel die Wahl dann schnell auf den Proton Wira. Obwohl Proton auch bei den Malayen keinen guten Ruf hat, ist es doch die am häufigsten gefahrene Marke. Also kann sie so schlimm nicht sein. Der Iswara ist zwar noch billiger als der Wira und wird in Kuala Lumpur fast ausschliesslich als Taxi eingesetzt. Er ist aber so hässlich, dass wir uns dafür wirklich nicht entschliessen wollten.
Dagmar gefiel der Proton Juara, ein Kleinstbus, der so hässlich ist, dass man ihn schon wieder aus Mitleid sympatisch findet. Aber wegen seiner Technik (1100ccm und 3-Gang-Automatik) war Karl dagegen. Proton hat mittlerweile auch eingesehen, dass das kein richtiges Auto ist und hat die Produktion eingestellt. |
Oktober 2003 |
AutohändlerWir machen uns also auf die Suche nach einem Proton-Händler. Es gibt einen Vertragshändler nicht weit von hier in Bangsar. Wir suchen ihn an einem Samstag auf. Das Geschäft ist geöffnet und es sind auch Leute da, aber man erklärt uns, dass in den Geschäftsräumen gerade eine Familienfeier stattfindet. Wir sind verständnisvoll, lassen unsere Adresse und Telefonnummer da und gehen wieder.
In der kommenden Woche hören wir nichts. Am Sonntag (das Geschäft ist 7 Tage die Woche geöffnet) gehen wir wieder vorbei. Diesmal ist Geschäftsbetrieb. Die erste Frage des Verkäufers: Ob wir schon ein Auto bestellt hätten? Nein, wir wollen eines bestellen. Nächste Frage: Ob unser Kredit schon genehmigt sei? Nein, wir wollen bar bezahlen. Ratlosigkeit. Nächste Frage: welches Modell es denn sein soll? Wir sagen: Wira. Da sei der zuständige Verkäufer leider nicht da. Sie hätten da aber ein Sondermodell. Das Sondermodell hätte jeden Mantafahrer begeistert. Nur der Fuchsschwanz an der Antenne fehlte.
Wir fragen nach Prospekten und bekommen ein paar kopierte Blätter mit dem Hinweis, dass sie veraltet seien. Der Hilfsverkäufer meint entschuldigend, dass in Malaysia kein Mensch Prospekte vom Proton Wira brauche, weil doch jeder das Auto kenne. Wir lassen wieder unsere Telefonnummer da und bitten um den Rückruf des zuständigen Verkäufers. Er kam nie.
Wir ziehen Internet und Branchenbuch zu rate und rufen die Protonhändler in der Gegend an. Die Resonanz ist mager. Die Händler,die auf Protons Internetseite genannt sind, gibt es zum Teil nicht mehr (verständlich, wenn man bedenkt, dass ja auch einige der Automodelle, die dort gezeigt werden, nicht mehr geliefert werden).
Bei den Händlern, die wir erreichen, läuft das Gespräch immer wieder etwa so ab: Ich: "Ich möchte einen Wira kaufen". Verkäufer: "Haben sie schon ein Auto gebucht?" Ich: "Nein, ich möchte eines bestellen." (Ratlosigkeit am anderen Ende) Verkäufer:" Ist Ihr Kredit schon genehmigt?" Ich: "Nein, ich möchte bar bezahlen." (Noch größere Ratlosigkeit.) Verkäufer: "Der zuständige Verkäufer ist leider nicht da." Ich hinterlasse meine Telefonnummer, bitte um Rückruf und höre nie wieder etwas von ihm.
Es stehen jede Menge Proton Wira auf Halde. Langsam weiss ich warum.
Schliesslich gelingt es mir aber doch, das Interesse eines Verkäufers zu wecken. Wir machen einen Termin nach der Arbeit zwischen 5 und 6 Uhr aus. Es dauert, bis wir ein Taxi kriegen, der Fahrer glaubt meiner Streckenbeschreibung nicht, wir stehen im Stau und sind um 5 nach 6 beim Händler. Der Verkäufer, mit dem ich gesprochen habe, ist nicht mehr da. Einige Sekretärinnen sind sehr nett und untröstlich, denn leider ist auch sonst niemand da, der uns helfen kann. Einen Wira könnten wir auch nicht besichtigen, weil der Laden gerade renoviert wird. Sie haben recht: der Laden ist eine Baustelle.
In der kommenden Woche rufe ich wieder an. Der Autoverkäufer ist reumütig. Familiäre Verpflichtungen. Wir verabreden eine Probefahrt. |
15. Oktober 2003 |
BestellungDiesmal kommt der Autohändler wirklich. Ich fahre eine Runde mit dem Auto und bin's zufrieden. Der Händler hat alles mitgebracht und so unterschreibe ich den Kaufvertrag gleich und zahle RM 500 an. Es soll ja alles zügig und unkompliziert gehen. Liefertermin: Ende Oktober. Da ist noch eine Sache: Die Steuerbefreiung. Die muss von Proton durchgeführt werden. Der Händler meint, seine Zentrale wird das machen. Ich gebe ihm noch einige Fotokopien über meinen Arbeitsvertrag mit und bitte ihn, mir mitzuteilen, welche Dokumente er noch braucht. |
November 2003 |
Under ProcessingEnde Oktober rufe ich wieder beim Händler an. Die Auskunft: Er hat alles an die Zentrale weitergeleitet, das Auto sei schon da und das Steuerbefreiungsverfahren sei "under processing". Er meldet sich, sobald er was hört. Nicht schlimm, wir haben ja keine Eile. Selbst wenn das Auto erst Anfang Dezember käme, würde es uns noch reichen. Der Händler meldet sich nicht. Anfang November rufe ich wieder an: Under processing. Er meldet sich. Er meldet sich nicht. Im November ist Ramadhan und ich habe einige Kurse. Mitte November rufe ich wieder an: Under processing. Es kommt Hari Raya, eine Woche passiert in Kuala Lumpur gar nichts. Ich versuche zwischen meinen Kursen und den Feiertagen anzurufen, erreiche aber niemanden. Ende November bin ich in Fiji. Vom Auto noch nichts gehört. Langsam müsste was passieren. |
3. Dezember 2003 |
Wir fangen von vorne anZurück aus Fiji rufe ich sofort beim Händler an. Er wollte mich gerade anrufen, sagt er. Die Sache ist die, dass das Finanzministerium die Steuerbefreiung nicht geben kann. Im Laufe des Gespräches stellt sich heraus, dass bisher anscheinend noch überhaupt nicht passiert ist. Ich sehe die Hoffnung schwinden, dass das Auto schon da ist, wenn die Kinder in den Weihnachtsferien kommen und bin ungehalten. Ich berichte meine Probleme unserer tüchtigen Vasuhi bei AIBD, die sich in allen Verwaltungsangelegenheiten bestens auskennt und sie weiss, dass AIBD erst mal die Steuerbefreiung beim Finanzministerium beantragen muss. Dazu braucht man die Fahrgestell- und Motornummer des Autos, das man kaufen will. Ich rufe wieder beim Händler an und frage nach der Nummer. Er sagt, haben wir gleich, "I call you back". Bis zum Abend höre ich nichts von ihm.
Ich rufe wieder an. Ja also, leider, weil das ganze bisher schon so lange dauert, hat man das für mich reservierte Auto mittlerweilen schon an jemand anderen verkauft. Man müsste jetzt erst ein neues Auto für mich finden. Ob es auch eine andere Farbe als die bestellte haben dürfte? Ich bin sauer. Nicht wegen der Farbe, sondern weil wir wieder ganz am Anfang angekommen sind.
Ich werde streng: Wenn bis morgen keine Fahrgestellnummer da ist, egal für welche Farbe, trete ich vom Vertrag zurück.
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5. Dezember 2003 |
HoffnungsschimmerAm nächsten Tag ruft er wieder an. Er hat ein Auto und es hat auch die bestellte Farbe "Electric Blue". Er gibt mir die Nummern und noch am gleichen Tag geht unser Brief an das Finanzministerium raus. Das Verfahren, sagt Vasuhi, dauert mindestens eine Woche. Es könnte also doch noch alles bis Weihnachten klappen.
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12. Dezember 2003 |
VerwirrungenWir fragen beim Finanzministerium nach. Die Bescheinigung sei eigentlich fertig, aber jemand von Proton hätte bei ihnen angerufen und die Fahrgestellnummer des Autos ändern lassen. Deshalb muss der Antrag jetzt neu bearbeitet werden. Ich bin noch bisschen sauerer und rufe Faiz an. Er weiss von nichts, will sich erkundigen, "I call you back". Tut er nicht. Am nächsten Morgen habe ich ihn wieder am Telefon. Also, das Auto, was man mir zugeteilt hatte, war schon versteuert. Und was der Staat mal hat, gibt er nicht mehr raus. Also braucht man für das Verfahren ein Auto frisch vom Fliessband, das noch nicht versteuert ist. Man hat die neuen Fahrgestellnummern dem Finanzministerium mitgeteilt.
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16. Dezember 2003 |
Tobias kommt in Kuala Lumpur an und Dagmar holt ihn mit dem Taxi am Flughafen ab. Die Bescheinigung des Finanzministeriums ist fertig und diesmal ist Proton schnell: Sie holen das Schreiben selber ab. Ich schöpfe wieder Hoffnung, dass wir das Auto vielleicht doch noch vor Weihnachten haben. Jetzt kann es ja wirklich nur noch Tage dauern.
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18. Dezember 2003 |
Anruf beim Verkäufer: Die Verwaltung von Proton hat den Antrag zur Steuerfreischreibung ans Zollamt geschickt. "Under processing".
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20. Dezember 2003 |
Anruf beim Verkäufer: "Under processing".
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22. Dezember 2003 |
Sarah kommt in Kuala Lumpur an und Dagmar holt sie mit dem Taxi am Flughafen ab.
Anruf beim Verkäufer: "Under processing". Lass fahren alle Hoffnung. |
23. Dezember 2003 |
Wir buchen den Bus für uns alle nach Penang.
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24. Dezember 2003 |
Heilig Abend. Auch unter dem Weihnachtsbaum steht kein Proton.
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26. Dezember 2003 |
Die Busreise nach Penang ist sehr angenehm.
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4. Januar 2004 |
Von unserer Reise zurück habe ich frische Energie und fahre selber zum Protonhändler. Ich will sehen, ob es ihn überhaupt noch gibt. Der Verkäufer ist untröstlich. Die Protonzentrale hat bisher noch nichts wegen der Zollfreischreibung des Autos unternommen. Er will jetzt die Sache persönlich in die Hand nehmen.
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5. Januar 2004 |
Der Verkäufer ruft mich an. Die Abwicklung beim Zoll ging zügig und problemlos an einem Tag über die Bühne. Jetzt kann das Auto angemeldet werden.
Es gibt da nur noch ein kleines Problem. Die Meldung über die Zollfreistellung an das Strassenverkehrsamt erfolgt on-line. Leider wird aber beim Zoll wegen der geänderten Zollvorschriften die Software umgestellt und sie könnten meine Daten erst in ein bis zwei Tagen eingeben. Aber der Steuerfreibetrag stünde jetzt fest und ich könnte das Auto schon mal bezahlen, denn angemeldet wird es erst, wenn ich bezahlt habe.
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6. Januar 2004 |
Ich besorge den garantierten Bankscheck. Der Verkäufer kommt zu uns und nimmt ihn in Empfang. Eine Rechnung hat er nicht, die gibt es erst, wenn das Auto angemeldet wird (???) und eine Quittung hat er auch nicht dabei. Wir machen eine handschriftliche und er verspricht die Quittung morgen vorbei zu bringen.
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7. Januar 2004 |
Die Quittung ist nicht da.
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8. Januar 2004 |
Anruf beim Verkäufer: Der Zoll hat noch immer nicht die Onlinemeldung gemacht. . |
9. Januar 2004 |
Anruf beim Verkäufer: ditto. Er gibt mir die Nummer der Sachbearbeiter bei Proton und beim Zoll. Der Mann beim Zoll verspricht, die Sachen noch heute einzugeben.
Sarah reist wieder ab.
Wochenende. |
12. Januar 2004 |
Ich versuche den ganzen Tag, den Verkäufer zu erreichen. Vergeblich. Wenn ich an einen anderen Verkäufer gerate, kann ich ihm die ganze Geschichte von vorne erzählen. Ich habe noch immer keine richtige Quittung über den Kaufpreis. Ich habe eigentlich gar nichts und ärgere mich über meine Gutgläubigkeit. Ich schlafe schlecht.
Tobias reist wieder ab. |
13. Januar 2004 |
Morgens bekomme ich den Händler wieder ans Telefon. Er war gestern krank, was mir leid tut. Er verspricht, sich heute persönlich um die Zollfreischreibung zu kümmern. Am Abend kommt er vorbei, meldet, dass alles erledigt ist und das Auto jetzt angemeldet werden kann. Ich bekomme die Rechnung, die Quittung und mir geht es etwas besser.
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15. Januar 2004 |
Mittags kommt der Anruf des Verkäufers, dass das Auto jetzt angemeldet ist und wir es abends abholen können. Um 19 Uhr sind wir mit unserem Auto zu Hause. Es fährt und ist sehr blau. Ob wir uns freuen? Sicher, weil jetzt alles vorbei ist. |
Epilog |
Proton hat die ganze Geschichte wohl auch sehr zu schaffen gemacht. Sie haben sich wohl nicht gedacht, dass es so viel Arbeit macht, Autos zu verkaufen. Deshalb haben sie die Produktion des Wira Ende Januar eingestellt. |